Rund Um 2009 - von Kurt Hess
Rund Um 2009
Das war jetzt aber das letzte Mal! Ein Gedanke, der sich jeweils im Juni jährt - und doch stehen sie alle Jahre wieder da, die Segler am Freitag Abend im Juni vor Lindau.
Erwartungsvoll und konzentriert werden letzte Handgriffe auf dem Schiff gemacht, Schoten angezogen oder gelöst, das Ölzeug wird angezogen oder zumindest griffbereit zurechtgelegt und dann geht auch schon der Count Down los.
Im Vergleich zu den letzten Tagen vor der Rund Um war der Wind am Freitag schon bedeutend schwächer und pünktlich zum Start um 19.30 Uhr war er dann ganz weg. Nur langsam schleppten sich die Schiffe über die Startlinie. Nach fast einer Stunde nahmen wir endlich Fahrt auf. Zügig segelten wir vorwiegend auf der deutschen Seite den See hinunter. Langsam wurde es dunkel und die Orientierung schwieriger. Mit einigermassen konstantem Wind erreichten wir unser erstes Ziel: Boje Romanshorn. Doch wie auf Kommando stellte der Wind wieder ab. Stundenlang "rutschten" wir unserem nächsten Ziel im Eichhorn entgegen. Immer wieder ein Blick in's Wasser um sicherzugehen, dass wir immer noch vorwärts und nicht etwa bereits rückwärts fahren. Langsam kroch die Kälte hoch und die Müdigkeit drückte auf die Augen. Die Stimmen wurden gedämpft, Gespräche karger.
Die Konzentration liess nach und die ersten legten sich für ein paar Minuten hin. Richtig schlafen geht nicht - aber die Füsse etwas wärmen und die Augen für einen Moment schliessen. Endlich kam wieder etwas Wind auf - aber rings um uns war kein Schiff mehr zu sehen. Waren wir soweit zurück gefallen? Endlich kam das Blitz-Licht im Eichhorn in Sicht und endlich sahen wir auch die anderen Schiffe wieder: Unser Wind reichte gerade noch, um uns in die Warteschlange vor der Boje einzureihen.
Nur mühsam rundeten wir die Boje im Eichhorn und nahmen den Ueberlinger-See in Angriff. Den Wendepunkt erreichten wir um ca. 5 Uhr morgens. Mit den ersten Sonnestrahlen erwachten auch die Lebensgeister wieder, doch es war klar, dass uns noch ein sehr weiter Weg bevorstand und nicht mehr mit viel Wind zu rechnen war. Die Entscheidung durchzuhalten war eher zufällig. Wir hätten gemeinsam beschliessen müssen, aufzugeben, doch abwechselnd war immer wieder jemand "abgetaucht" und der gemeinsame Beschluss konnte nicht gefasst werden also segelten wir halt Richtung Lindau.
Irgendwann packte uns das Fieber aber wieder. Berechnungen wurden angestellt, wie viele km es noch bis zum Ziel waren, wie viel Wind wir bräuchten und mit wie vielen Knoten es uns gelingen würde, vor Zielschluss anzukommen. Plötzlich wurde wieder getrimmt, Lage gemacht und taktiert. Es hätte reichen können - oder auch nicht. Immer wieder stellte der Wind ab, aber immer wieder frischte er auch wieder auf. Auf den letzten paar Metern waren die Nerven bis zum Zerreissen gespannt. Keiner machte mehr eine rasche Bewegung oder sagte ein überflüssiges Wort. Endlich war der Glockenturm in Sicht und wir hatten noch 1 - 2 Knoten Fahrt! Noch einmal machten wir uns über die Bücher, berechneten die Distanz, die aktuelle Geschwindigkeit und verglichen dies mit der verbleibenden Zeit, die uns durch die Finger rann. Die eigene Unsicherheit wurde mit motivierenden Worten für die andern Mitsegler überspielt. Es war klar, dass wir es bei optimalen und stabilen Verhältnissen gerade noch schaffen konnten. Aber Wind ist nie stabil. Kurz vor Lindau Winddreher. Nein - es reicht nicht! Trotzdem bissen wir wortlos auf unsere Unterlippen und wagten kaum mehr zu atmen. Endlich tauchte backbord die Lindauer-Hafeneinfahrt auf. Abfallen und noch ca. 200 m zu überstehen. Vor uns wurden Spinnaker gezogen, doch wir wagten es nicht, uns überhaupt zu bewegen. Nur noch Fahrt und Nerven behalten.
Nach 23 Stunden und 44 Minuten überquerten wir die Ziellinie. Wir hatten es gerade noch geschafft. Doch die Bilanz ist ernüchternd: Lediglich 25 % aller Schiffe haben innerhalb der 24 Stunden das Ziel erreicht. Müde aber glücklich liessen wir den Tag in Lindau ausklingen und genossen am Sonntag morgen die wie jedes Jahr sehr festliche Rangverkündigung, bevor wir uns auf den Heimweg machten.
Wir gratulieren Klaus Peter Stengele zu seinem hervorragenden Sieg - aber auch allen andern, die es überhaupt gewagt haben, sich wieder auf das Abenteuer Rundum einzulassen.
Kurt Hess
Zu den Ergebnissen
Das war jetzt aber das letzte Mal! Ein Gedanke, der sich jeweils im Juni jährt - und doch stehen sie alle Jahre wieder da, die Segler am Freitag Abend im Juni vor Lindau.
Erwartungsvoll und konzentriert werden letzte Handgriffe auf dem Schiff gemacht, Schoten angezogen oder gelöst, das Ölzeug wird angezogen oder zumindest griffbereit zurechtgelegt und dann geht auch schon der Count Down los.
Im Vergleich zu den letzten Tagen vor der Rund Um war der Wind am Freitag schon bedeutend schwächer und pünktlich zum Start um 19.30 Uhr war er dann ganz weg. Nur langsam schleppten sich die Schiffe über die Startlinie. Nach fast einer Stunde nahmen wir endlich Fahrt auf. Zügig segelten wir vorwiegend auf der deutschen Seite den See hinunter. Langsam wurde es dunkel und die Orientierung schwieriger. Mit einigermassen konstantem Wind erreichten wir unser erstes Ziel: Boje Romanshorn. Doch wie auf Kommando stellte der Wind wieder ab. Stundenlang "rutschten" wir unserem nächsten Ziel im Eichhorn entgegen. Immer wieder ein Blick in's Wasser um sicherzugehen, dass wir immer noch vorwärts und nicht etwa bereits rückwärts fahren. Langsam kroch die Kälte hoch und die Müdigkeit drückte auf die Augen. Die Stimmen wurden gedämpft, Gespräche karger.
Die Konzentration liess nach und die ersten legten sich für ein paar Minuten hin. Richtig schlafen geht nicht - aber die Füsse etwas wärmen und die Augen für einen Moment schliessen. Endlich kam wieder etwas Wind auf - aber rings um uns war kein Schiff mehr zu sehen. Waren wir soweit zurück gefallen? Endlich kam das Blitz-Licht im Eichhorn in Sicht und endlich sahen wir auch die anderen Schiffe wieder: Unser Wind reichte gerade noch, um uns in die Warteschlange vor der Boje einzureihen.
Nur mühsam rundeten wir die Boje im Eichhorn und nahmen den Ueberlinger-See in Angriff. Den Wendepunkt erreichten wir um ca. 5 Uhr morgens. Mit den ersten Sonnestrahlen erwachten auch die Lebensgeister wieder, doch es war klar, dass uns noch ein sehr weiter Weg bevorstand und nicht mehr mit viel Wind zu rechnen war. Die Entscheidung durchzuhalten war eher zufällig. Wir hätten gemeinsam beschliessen müssen, aufzugeben, doch abwechselnd war immer wieder jemand "abgetaucht" und der gemeinsame Beschluss konnte nicht gefasst werden also segelten wir halt Richtung Lindau.
Irgendwann packte uns das Fieber aber wieder. Berechnungen wurden angestellt, wie viele km es noch bis zum Ziel waren, wie viel Wind wir bräuchten und mit wie vielen Knoten es uns gelingen würde, vor Zielschluss anzukommen. Plötzlich wurde wieder getrimmt, Lage gemacht und taktiert. Es hätte reichen können - oder auch nicht. Immer wieder stellte der Wind ab, aber immer wieder frischte er auch wieder auf. Auf den letzten paar Metern waren die Nerven bis zum Zerreissen gespannt. Keiner machte mehr eine rasche Bewegung oder sagte ein überflüssiges Wort. Endlich war der Glockenturm in Sicht und wir hatten noch 1 - 2 Knoten Fahrt! Noch einmal machten wir uns über die Bücher, berechneten die Distanz, die aktuelle Geschwindigkeit und verglichen dies mit der verbleibenden Zeit, die uns durch die Finger rann. Die eigene Unsicherheit wurde mit motivierenden Worten für die andern Mitsegler überspielt. Es war klar, dass wir es bei optimalen und stabilen Verhältnissen gerade noch schaffen konnten. Aber Wind ist nie stabil. Kurz vor Lindau Winddreher. Nein - es reicht nicht! Trotzdem bissen wir wortlos auf unsere Unterlippen und wagten kaum mehr zu atmen. Endlich tauchte backbord die Lindauer-Hafeneinfahrt auf. Abfallen und noch ca. 200 m zu überstehen. Vor uns wurden Spinnaker gezogen, doch wir wagten es nicht, uns überhaupt zu bewegen. Nur noch Fahrt und Nerven behalten.
Nach 23 Stunden und 44 Minuten überquerten wir die Ziellinie. Wir hatten es gerade noch geschafft. Doch die Bilanz ist ernüchternd: Lediglich 25 % aller Schiffe haben innerhalb der 24 Stunden das Ziel erreicht. Müde aber glücklich liessen wir den Tag in Lindau ausklingen und genossen am Sonntag morgen die wie jedes Jahr sehr festliche Rangverkündigung, bevor wir uns auf den Heimweg machten.
Wir gratulieren Klaus Peter Stengele zu seinem hervorragenden Sieg - aber auch allen andern, die es überhaupt gewagt haben, sich wieder auf das Abenteuer Rundum einzulassen.
Kurt Hess
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Kategorien: IOI Regatten, Rundum-Geschichten
Keywords: Rund, 2009, Kurt, Hess
gepostet: 17.06.2009